facebook YouTube

Initiative gegen Fluglärm Mainz

Die Verkehrsentwicklung am Frankfurter Flughafen - Lufthansa macht den Abflug

Seit mehreren Jahren gehen die Flugbewegungszahlen am Frankfurter Flughafen zurück. Im Jahr 2016 betrugen sie ca. 463.000. Nach den Gutachten zum Planfeststellungsbeschluss sollten sie bei ca. 650.000 liegen. Zudem gingen im Jahr 2016 die Passagierzahlen zurück. Auch diese liegen um ca. 15 Millionen hinter den Prognosen. Da die Lufthansa - Hauptkunde am Frankfurter Flughafen mit mehr als 60% der Flugbewegungen - Strecken einstellte und kein Wachstum mehr produzierte, entschloss sich Fraport, den Flughafen stärker für Billig-Airlines zu öffnen und legte ein Rabattprogramm auf, dass sich insbesondere der neue „Topkunde“ Ryanair zu nutze macht und Strecken zu Billigstpreisen anbietet, die Lufthansa und Condor seit Jahren durchführen. Der Streit war vorprogrammiert.


Eine Lösung ist nicht in Sicht. Fraport-Chef Schulte muss insbesondere dem Kapitalmarkt eine Wachstumsstory präsentieren, auch um die milliardenschweren Investitionen in die Flughafeninfrastruktur zu rechtfertigen. Er nimmt es deshalb in Kauf, seinen langjährigen Großkunden zu verärgern, wohl in der Annahme, Lufthansa werde diese „Rabattkröte schlucken“. Genutzt hat es bislang nichts. Ende Mai 2017 lagen die Flugbewegungszahlen exakt auf Vorjahresniveau. Worauf der aktuelle Passagieranstieg beruht ist unklar. Insider vermuten, dass viele Air Berlin-Kunden wegen der verschärften wirtschaftlichen Schwierigkeiten Lufthansa - verständlicherweise - den Vorzug geben.

Für den Herbst ist allerdings mit einem Anstieg der Flugbewegungszahlen am Frankfurter Flughafen zu rechnen, da Ryanair insgesamt 7 Flugzeuge dort stationieren wird und insgesamt 24 Ziele rabattiert anfliegen wird, von denen 16 allerdings durch Lufthansa und andere Carrier bereits bedient werden. Auch fielen im Herbst 2017 ca. 3500 Flüge wegen der inzwischen gelösten Auseinandersetzung mit den Piloten aus. Dies wird dazu führen, dass die Flugbewegungen im Jahr 2017 vermutlich auf ca. 470.000 steigen werden. Wie nachhaltig das Ryanair-Wachstum ist, wird sich allerdings erst zeigen wenn das zunächst auf drei Jahre angelegte Rabattprogramm ausläuft. Insider erwarten, dass Ryanair einen Großteil der Strecken wieder einstellt und zu anderen Flughäfen „weiterzieht“, um dort mit Rabatten Gewinne zu erzielen. Die diskutierte Verlängerung des Rabattprogramms kann sich nur auf neue Strecken beziehen. Es ist auch zu erwarten, dass Wettbewerber ihre Flüge reduzieren, wenn diese nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sind. Es bleibt abzuwarten, um mittelfristig „unterm Strich“ überhaupt ein Anstieg der Flugbewegungen durch Ryanair eintreten wird. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Geschäftsmodell von Ryanair außerhalb von Frankfurt darauf abzielt, von mehr als hundert Flughäfen in Europa Direktverbindungen anzubieten. Diese machen ein kompliziertes Umsteigen über Drehkreuze wie in Frankfurt überflüssig. Ryanair nimmt heute schon Lufthansa viele Passagiere weg, die lieber direkt als über Frankfurt und zudem noch billiger zu ihrem Ziel fliegen. Schließlich melden fast wöchentlich Fluggesellschaften, dass sie Billig-Langstreckenflüge von zahllosen Flughäfen anbieten werden. Auch dies wird den Drehkreuz-Flughäfen massiv Konkurrenz machen.

Der Ryanair-Deal, für den sich Fraport-Chef Schulte feiern lässt, könnte der klassische „Schuss nach hinten“ sein. Lufthansa hatte bereits vor Monaten angekündigt, stärker an anderen Drehkreuzen des LH-Konzern, namentlich in München, Wien (über die Tochtergesellschaft Austrian) und Zürich (über die Tochtergesellschaft Swiss) wachsen zu wollen, da diese Drehkreuze ca. 20-25% günstiger seien als in Frankfurt. In München kommt hinzu, dass die dortige Flughafengesellschaft und Lufthansa gemeinsam ein Terminal betreiben, das Lufthansa zu 40% mitfinanziert hat. Entsprechend sind sie an den Einnahmen in den Shops beteiligt. Fraport hatte eine solche Beteiligung der Lufthansa in Frankfurt stets abgelehnt. Lufthansa hatte sich deshalb bereits vor Monaten entschieden, 15 von 25 der hochmodernen und neuen A 350 Flugzeuge in München zu stationieren. Die A 350 ist deutlich verbrauchsgünstiger als die schweren Jumbos und der A380 und lässt sich mit ca. 300 Passagieren auch deutlich leichter füllen als die Großraumflugzeuge. Lufthansa wird damit in der Lage sein, Langstreckenflüge überwiegend mit Originär-Passagieren, d.h. mit Passagieren aus der Region durchzuführen. Das Auffüllen von Großraumflugzeugen über Zubringerflüge ist aufwendig und teuer.

Die Lufthansa gab in diesem Zusammenhang auch bekannt, dass sie ein IT-Tool entwickelt habe, dass die Zubringerpassagiere über die günstigsten Drehkreuze schleuse. Dieses Tool werde ab 2018 eingesetzt werden. Zudem bietet die Lufthansa in einer zweimonatigen Testphase Tickets an, bei denen der Passagier erst wenige Tage vor dem Abflug erfährt, über welches Drehkreuz er zu seinem gebuchten Ziel fliegt und mit welcher Gesellschaft des LH-Konzerns.

All diese Maßnahmen werden zu Lasten des Frankfurter Flughafens gehen und Umsteigepassagiere abziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Umsteigepassagier auf Langstreckenflügen 4mal in der Statistik des Flughafens auftaucht, nämlich bei der – beispielhaft – Landung von Oslo in Frankfurt, dem Weiterflug von Frankfurt nach Houston, dem Rückflug nach Frankfurt und dem Weiterflug von Frankfurt nach Oslo.

Zudem gab Lufthansa am 14. Juni 2017 bekannt, dass sie 5 ihrer 14 A 380 – Flugzeuge von Frankfurt nach München verlagere, um auf 3 Strecken die Kapazitäten zu erhöhen und 2 neue Fernziele anzubieten. Im Gegenzug erhält der Frankfurter Flughafen 5 alte A 340 mit geringeren Kapazitäten. Auch dies wird den Frankfurter Flughafen Passagiere kosten, zumal es einer erhöhten Anzahl von Zubringerflügen nach München bedürfen wird, die großen Maschinen zu füllen. Es ist deshalb zu erwarten, dass Lufthansa die Anzahl der Zubringerflüge nach München zu Lasten von Frankfurt erhöht.

Die Verkehrsentwicklung am Frankfurter Flughafen bleibt also abzuwarten. Insbesondere mittelfristig kann sich der Rückgang der Flugbewegungen fortsetzen, zumal Lufthansa mit Eurowings auf der Kurz- und Langstrecke ebenfalls Point to Point-Verbindungen abseits des Frankfurter Flughafens anbietet.