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Initiative gegen Fluglärm Mainz

Klimawandel und Luftverkehr - Wie sehr belastet ein Flug unsere CO2-Bilanz

„Eine Flugreise ist das größte ökologische Verbrechen“ titelte vor ein paar Monaten die Süddeutsche Zeitung und führt aus:   "Eine Flugreise ist ökologisch so ziemlich das schlimmste Verbrechen, das eine einzelne Personen anrichten kann. Die Klimagasemissionen erwärmen die Erde mit verheerenden Folgen für Ökosysteme und Artenvielfalt. Fluglärm und Schadstoffe kommen noch dazu. Die Folgen sind tödlich. Und trotzdem reisen wir ungerührt.“


Mit dem Übereinkommen auf der Weltklimakonferenz von Paris haben sich die Vertragsstaaten das Ziel gesetzt, die durchschnittliche globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen und darüber hinaus Anstrengungen zu unternehmen, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dazu müssen die weltweiten Treibhausgasemissionen drastisch sinken. Deutschland hat sich im Klimaschutzplan 2050 das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Eine Minderung um 95 Prozent entspricht in etwa einer jährlichen Emission von 62 Millionen Tonnen Treibhausgase (im Sinne von CO2-Äquivalenten). Damit würden pro Kopf ­­­­­­­­­­­­­­– bei leicht rückgehender Bevölkerungsentwicklung in Deutschland auf etwa 70 bis 80 Millionen im Jahr 2050 – Treibhausgasemissionen von etwas unter einer Tonne pro Jahr entstehen. Das Ziel für 2030 ist eine Reduktion der Treibhausgase um mindestens 55 Prozent. Das bedeutet, dass der Ausstoß pro Kopf zwischen 6,5 und 7,0 Tonnen CO2-Äquivalente beträgt. Das Ziel der Reduktion um mindestens 70 Prozent bis zum Jahr 2040 führt zu einem pro Kopf-Ausstoß von etwa 4,7 Tonnen CO2-Äquivalente. Das Pariser Klimaschutzabkommen hat zur Konsequenz, dass Deutschland bis 2050 weitgehend treibhausgasneutral sein muss. Aktuell stößt ein Deutscher etwa 10,5 Tonnen Treibhausgase aus. Diese Angaben stammen aus einem Schreiben des Umweltbundesamtes an unsere Initiative.

Kurz zusammen gefaßt: Aktueller durchschnittlicher Ausstoß von Treibhausgasen pro Person in Deutschland: 10,5 Tonnen p.a., Ziel 2030: 6,5 Tonnen p.a., Ziel 2050: < 1 Tonne p.a.. Ein Ausstoß von 2 Tonnen p.a. gilt gegenwärtig als klimaneutral.

Die Benchmark für ein klimafreundliches Verhalten eines Deutschen sollte daher zwischen 2 und nicht mehr als 10,5 Tonnen Ausstoß von Treibhausgasen im Jahr liegen, wobei einige Personengruppen wie Fernfahrer, Wissenschaftler, die zu internationalen Kongressen reisen etc. auszuklammern sind. Die Benchmark könnte aber jedenfalls unter Berücksichtigung des vermeidbaren Reisens im Privatbereich ein persönliches Ziel sein.

Wie sehr eine Flugreise das Klima belastet, kann mit dem Klimarechner von Atmosfair https://www.atmosfair.de/de/kompensieren/flug berechnet werden. Hierzu einige Beispiele:

Fernflüge:
Frankfurt - Los Angeles - Frankfurt.: 5,98 Tonnen
Frankfurt - Bangkok - Frankfurt: 6,24 Tonnen
Frankfurt - Havanna - Frankfurt: 5,19 Tonnen
Frankfurt - New York - Frankfurt.: 3,65 Tonnen
Frankfurt - Doha - Sydney - Doha - Frankfurt.: 11,48 Tonnen
Frankfurt - Kapstadt - Frankfurt: 6,29 Tonnen

Fazit: Mit einer einzigen Fernflugreise - ohne den Verbrauch vor Ort durch Mietwagen, Hotel mit Klimaanlage etc. - wird die „CO2-Äquivalent Benchmark“ von 10,5 Tonnen eines Deutschen zu erheblichen Teilen bereits aufgezehrt. Manche Flugreisen liegen bereits darüber. Wer ein klimaneutrales Verhalten als seine persönliche Benchmark (2,5 Tonnen) anstrebt, hat diese mit einer Fernreise bereits um ein vielfaches übertroffen. Dies verdeutlicht, wie klimaschädlich Fernflüge sind und die Klimabilanz gnadenlos zerstören.


Mittelstrecken:
Frankfurt - Lissabon - Frankfurt: 1 Tonne
Frankfurt.- Malaga - Frankfurt: 0,9 Tonnen
Frankfurt - Kreta - Frankfurt: 1,25 Tonnen
Frankfurt - Sham el Sheik- Frankfurt: 1,72 Tonnen

Fazit: Auch wer im Jahr ein- oder zweimal einen Mittelstreckenflug nutzt, wird die Benchmark von aktuell 10,5 Tonnen normalerweise weit verfehlen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Leben eines Deutschen auch außerhalb von Urlaubsreisen bereits nicht sonderlich klimafreundlich ist. Wer nicht fliegt, kein Auto fährt, den eigenen Solarstrom produziert und sich vegetarisch (überwiegend mit Regionalprodukten) ernährt, kommt dennoch bereits auf mehr als 5 Tonnen Treibhausgase im Jahr, die er ausstößt. Aber wer lebt schon auf diese Weise? Da bereits in ca.10 Jahren die Benchmark für einem Ausstoß von Treibhausgasen bei 6,5 Tonnen liegen soll, zerstört auch jeder Mittelstreckenflug zwangsläufig die persönliche Klimabilanz, sofern er nicht an anderer Stelle in erheblichem Umfang Treibhausgase einspart oder erst gar nicht produziert. Besonders klimaschädlich ist beispielsweise auch das tägliche Pendeln größerer Strecken mit dem Auto. Wer jeden Tag alleine mit einem Mittelklassewagen (Verbrauch 7 Liter Benzin pro 100 KM) von Mainz nach Frankfurt (Jahresstrecke: ca. 22.000 KM) pendelt, kommt auf einen Ausstoß von Treibhausgasen von ca. 6,7 Tonnen im Jahr, wer einen Diesel fährt auf 7,2 Tonnen. Verbraucht der Wagen 8 Liter Benzin, belaufen sich die ausgestoßen Treibhausgase auf 7,5 Tonnen, bei einem Dieselfahrzeug auf 8 Tonnen, vgl. https://co2.myclimate.org/de/car_calculators/new. Dies zeigt auch wie wichtig es wäre Fahrgemeinschaften zu bilden, sofern keine öffentlichen Verkehrsmittel genutzt werden können.

Zu beliebten Reisen gehören inzwischen auch Wochenendtrips (2 Tage) nach Barcelona, Venedig oder zum Weihnachtsmarkt nach Wien. Hier wird schlicht und ergreifend für ein paar Tapas oder einen Glühwein, den man auch in Mainz, Nürnberg oder Colmar trinken kann, ein erheblicher Klimaschaden produziert, ohne das die Leute irgendein Störgefühl haben. Erwähnen muss man an dieser Stelle allerdings, dass die Politik wenig bis gar nichts dafür unternimmt, die Leute konkret aufzuklären. Die Meisten reagieren entsetzt, wenn man ihnen die Zahlen vorhält. Am Reiseverhalten ändern allerdings die Wenigsten etwas. Kampagnen der Luftverkehrswirtschaft „Wir sind die 3-Liter-Flieger“ versuchen dem Reisenden sogar zu suggerieren, dass Fliegen besonders ökologisch sei. Besonders erschreckend ist in diesem Zusammenhang, dass der Luftverkehr durch Steuerbefreiungen sogar subventioniert wird. Die Subventionen belaufen sich allein in Deutschland jährlich auf ca. 13 Milliarden Euro - eine schier unfassbare Summe.


Kurzstrecken (Innerdeutsch)

Flugzeug:

Frankfurt - Berlin - Frankfurt : 220 Kilogramm („KG“)
Frankfurt - Hamburg - Frankfurt: 210 KG

Der Ausstoß von Treibhausgasen scheint bei Kurzstreckenflügen gering zu sein. Allerdings zählt am Ende jedes Kilogramm an Treibhausgasen, das nicht ausgestoßen wird. Zum Vergleich der Ausstoß von Treibhausgasen auf einer Kurzstrecke mit der Bahn:

Bahn
Frankfurt - Berlin - Frankfurt 0,14 KG
Frankfurt -Hamburg - Frankfurt 0,12 KG

Die Strecke Frankfurt - Berlin kann mit der Bahn regelmäßig in 4:10 Stunden (mit dem Sprinter in 3:50) von Innenstadt zu Innenstadt zurückgelegt werden, nach Hamburg gibt es zahlreiche tägliche Verbindungen in 3:37 Stunden, nach München geht es in 3:12 Stunden.  Berücksichtigt man, dass Fraport selbst empfiehlt, zwei Stunden vor dem Abflug am Flughafen zu sein, ist die Reise mit dem Flugzeug kaum schneller zu bewältigen, nach München dauert sie definitiv länger.  Selbst wer mit Handgepäck reist, muss mindestens 1 Stunde vor dem Abflug am Flughafen sein. Die Zeitersparnis des Flugzeugs gegenüber der Bahn ist auch in diesen Fällen gering, zumal die Fahrt in die Stadt beispielsweise in München noch gut eine Stunde dauert.

Wir kommen zurück zum Artikel in der Süddeutsche Zeitung. Der Kommentar schließt wie folgt:

"Es bringt nichts zu warten, bis Politiker die Vielfliegerei erschweren, etwa indem sie die fossilen Brennstoffe massiv verteuern oder Verbote aussprechen. Sie werden es nicht tun. Paternalismus kommt nicht gut an beim Wähler, er klingt nach Hausarrest und Diktatur. Darf etwa nicht jeder frei entscheiden, wohin es in den Ferien geht, würde dann gefragt. Darf er. Aber die Menschen müssen lernen, zwischen ihren Bedürfnissen und Wünschen zu unterscheiden - und wir müssen uns im Neinsagen üben, wenn wir das Klima schützen wollen. Gefordert ist nicht totaler Verzicht, sondern kluges Reisen. Vielleicht machen ein paar Wochen, in denen man zu Fuß Europa erkundet, ja glücklicher als eine Fernreise mit all dem Stress, den der Wechsel von Zeit- und Klimazonen mit sich bringt. Es ist eine Illusion der Wohlstandstouristen, dass eine Erholung am anderen Ende der Welt möglich ist, ohne genau diese Welt zu zerstören.