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Initiative gegen Fluglärm Mainz

29.10.2012 Kategorie: Aktuelles, Gesundheit, Montagsdemonstration

Rede anläßlich der Montagsdemo am 29.10.2012 von Professor Thomas Münzel, Universitätsmedizin Mainz

Zunächst möchte ich mich bei allen Demonstranten und Bürgerinitiativen bedanken, insbesondere auch den Organisatoren der Demo von heute, Gegenwind, für die mittlerweile 38. Montagsdemonstrationen, die hier am Flughafen stattgefunden haben. Diese Bemühungen dürfen nicht nachlassen, und wir müssen die Flughafenbetreiber jede Woche daran erinnern, daß Fluglärm nicht ein Kavaliersdelikt darstellt sondern unsere Gesundheit massiv gefährdet.


Ein neues Mittel um die Bevölkerung in Rhein Main über diese Problematik zu informieren ist unsere Zeitschrift: Fluglärm und Gesundheit

Mit einer Auflage von mehr als 350.000 erreichen wir viele der über 5 Mio durch Fluglärm Betroffene mit dem Ziel objektive Informationen zum Thema Lärm und Gesundheit zu liefern und ich möchte Herrn Horn und seinen Mitarbeitern aus  Mainz für ihre herausragende redaktionelle Arbeit und die gute Zusammenarbeit danken.Wussten Sie schon dass  Lärm und die damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen größtenteils Kopfsache sind?

Das sagte der Fraport Vorsitzende Dr. Schulte bei einer Veranstaltung in Mainz vor Wirtschaftsvertretern auch in Anwesenheit unseres Kardinals, Karl Lehmann.

Er sagte wörtlich: 60 bis 70% des Fluglärms seien psychische Wahrnehmungen, 30 bis 40% das objektiv messbare und fügte hinzu: Das ist das, was Mediziner heute dazu sagen.

Diese Aussage ist komplett falsch: natürlich können wir heute durch psychische Wahrnehmungen ausgelöste Belästigungsreaktionen quantifizieren, wie es Professor Beutel von der Universitätsmedizin Mainz auch in einem Leserbrief kommentiert hat.  Ich weiss zwar nicht welche Mediziner da Herrn Schulte beraten haben, aber, da wir heute ja rote Karten verteilen, haben sie allesamt eine rote Karte verdient.

Die Aussagen von Herrn Schulte bedeuten wiederum, daß man durch das sich Gewöhnen an den Fluglärm den negativen Auswirkungen wie Herzkreislauferkrankungen möglicherweise aus dem Weg gehen kann. 

Genau das Gegenteil ist der Fall: Wir wissen heute, daß ein sich Gewöhnen an den Lärm zB durch einen höheren Blutdruck erkauft wird und damit in der Folge mehr Herzinfarkte und Schlaganfälle entstehen.

Wie Herr Professor Greiser berechnet hat, ist zu erwarten, dass bis Ende 2021 knapp 5000 Leute durch Fluglärm-bedingt von Herzkreislauferkrankungen betroffen sein werden und bis zu 1700 an deren Folgen versterben werden.

Auf die Kopfsache-Äußerungen hin haben die Gesundheitsministerin und zukünftige MP von Rheinland Pfalz Frau Malu Dreyer und ich mich uns mit einer Pressemitteilung gemeldet und diese Aussagen von Herrn Schulte als zynisch und menschenverachtend bezeichnet. 

Ein Mann der sich zu so einem wichtigen Thema so inkompetent äußert, sollte nicht die Position eines Vorstandsvorsitzenden von FRAPORT innehaben.

Daher hat Gesundheitsregion Rheinhessen Herrn Schulte auf-gefordert zurückzutreten. Ich weiss nun nicht, ob er noch darüber nachdenkt oder mittlerweile dieser Aufforderung gefolgt ist, aber was er auf jeden Fall verdient hat ist eine dunkelrote Karte.

Sonderfall in Mainz

Drei Kliniken werden direkt überflogen, das katholische Klinikum in Mainz, die Universitätsmedizin und das DRK-Schmerzzentrum. Ich hatte ja die Gelegenheit 5 Uhr morgens auf dem Dach der Universitätsmedizin Schallpegel zu messen, die im Spitzenbereich nicht selten über  60 dBA lagen. Und hier liegen Patienten mit frischen Herzinfarkten und Schlaganfällen die Ruhe brauchen. Der Gesetzgeber hat nun offiziell erlaubt, daß in den sogenannten Randstunden 22-23 und 5-6 Uhr bis zu 132 Flugbewegungen stattfinden können. Schwerkranke haben nun in Zukunft das Problem, daß sie zum einen mit ihrer Erkrankung zu kämpfen haben und gleichzeitig dieser zusätzlichen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt werden.

Ich empfinde dies als skandalös und Professoren aus Mainz und Mainzer Mitbürger inklusive 3er Ministerinnen Dreyer, Höfken und Ahnen haben regiert und einen Brief an Frau Merkel mit unterschrieben, in dem wir diese untragbare Situation anprangern. Leider hat sie diesen Brief bisher noch nicht beantwortet.

Vor wenigen Wochen konnte ich den Brief nun an Frau Klöckner übergeben, die wie sie mir berichtet ihn nun offiziell an Frau Merkel ausgehändigt hat.  Ich werde sie darüber weiter auf dem laufenden halten.

Die wichtigsten Forderungen in diesem Brief sind:

a.     Sofortiger Überflugstopp der Kliniken

b.    Schutz der Nachtruhe von 22-6 Uhr

c.     Sofortiges Anheben der Flughöhen

d.    Neues Fluglärmgesetz

e.     Sofortiges Einführen von aktiven Schallschutzmaßnahmen

f.       Verbot für laute Maschinen in Fft. zu landen.

Diese Punkte werden weiterhin durch Landesärztekammern, die Deutsche Herzstiftung und die Stiftung Mainzer Herz sowie den Bundesärztetag in Positionspapieren unterstützt.

 

DFS

Lassen sie mich noch ein paar Worte zu der DFS und insbesondere zu den Inhalten der Interviews mit deren Sprecher Axel Raab sagen.

Ich ärgere mich mit am meisten darüber, daß aktive Schallschutzmaßnahmen, die die Anwohner mit am effektivsten vor Lärm schützen, wie zB der kontinulierliche Sinkflug von der DFS nicht rechzeitig eingeführt worden sind.

Erst nach massiven Protesten beginnt nun die DFS diese aktiven Schallschutzmaßnahmen zu erproben.

Besonders irritierend sind hierbei die Äußerungen von Presse-sprecher Axel Raab der sinngemäß von sich gab: der kontinuierliche Sinkflug führt dazu dass weniger Flugzeuge abgefertigt werden können und es damit zu Kapazitätseinbußen kommen wird und dann hätten wir die neue Landebahn ja gar nicht bauen brauchen !

Da fragt man sich was hat die DFS mit möglichen Gewinnen von FRAPORT zu tun?  Die DFS sollten sich nur um die Flugsicherheit kümmern und nicht um die Finanzen von FRAPORT!

In dem Bericht Jenseits der Stille vom SWR sagt Herr Raab in Bezug auf das tiefer legen der Anflugrouten:

Nach Eröffnung der Landebahn durften die Flugzeuge erstmals tiefer fliegen um die Kapazität zu steigern.

In der Praxis hat sich jetzt gezeigt, daß wir nun doch höher fliegen können und den Gegenanflug wieder um 300 m höher legen können!

Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen hat die DFS sage und schreibe ein Jahr gebraucht.

Das ist absolut inakzeptabel.

Es sollte doch heute möglich sein mit modernen Methoden Anflugverfahren zu simulieren und so die dramatische Mehrbelastung der Bevölkerung in der Region Rhein Main, bei der mehr als 5 Mio Anwohner von dem Lärm betroffen sind, zu verhindern!

Aber nein, die DFS  hat einfach mal die Flugzeuge tiefer gelegt und damit hunderte von Patienten in Mainz, Patienten mit frischen Schlaganfällen und Herzinfarkten höherem Lärmbelastungen ausgesetzt und damit ihre Gesundheit zusätzlich gefährdet und kommt dann nach einem Jahr zu der banalen Einsicht:  

Wir hätten das eigentlich gar nicht gebraucht

Das ist unverantwortlich und geht in Richtung versuchte Körperverletzung.

Es gibt uns ebenfalls die Information, dass alle Berechnungen die in Zukunft von der DFS kommen man nicht trauen kann und sie möglichweise falsch sein werden und nach kurzer Zeit wieder korrigiert werden müssen.

Ich möchte nochmal betonen, was ich schon mehrmals gesagt habe, die DFS und FRAPORT dürfen nicht bestimmen wer letztendlich einen Herzinfarkt und Schlaganfall bekommt und ich fordere auch zum x.ten Mal die Politik auf , dafür zu sorgen, dass wir Kontrollbehörden bekommen müssen, die die  DFS und FRAPORT bei ihrem zT unverantwortlichen, unkontrollierten, gesundheitgefährdenden Treiben reglementieren !

Die Studienlage in Bezug auf Gesundheitsgefährdung und Lärm ist in den letzten Jahren besser geworden.

Es gibt sogenannte epidemiologische Studien wie die von Herrn Greiser, wo man die Zahl der Erkrankten in der Nähe von Flughäfen erfasst und versucht herauszufinden inwieweit Fluglärm als RF für die Herzkreislauferkrankungen eine Rolle spielt.

In Mainz machen wir zum einen die Gutenberg-Gesundheitsstudie und wir haben gerade eine Studie durchgeführt um zu testen inwieweit Nachtfluglärm, der simuliert wurde, in der Lage ist Gefäßschäden auszulösen.  Diese Studien sind enorm wichtig, um die genauen Mechanismen herauszufinden, über die der Fluglärm Herzkreislauferkrankungen auslösen kann.

Ich bitte sie daher uns, die Universitätsmedizin Mainz bei unseren Bemühungen auch finanziell zu unterstützen und auf das angegebene Konto der Gesundheitsregion Rheinhessen zu spenden (Bankverbindung am Ende des Textes), um uns weitere Untersuchungen zu Lärm und Gesundheit durchführen zu können.

Wie prophezeite Robert Koch schon 1910: „Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen, wie die Cholera und die Pest“.

Darauf kann sich unser Nobelpreisträger verlassen, daß wir das tun werden. Wir werden alle weiterkämpfen bis die neue Landebahn geschlossen worden ist und neue Fluglärmgesetze geschaffen worden sind, die die Lärmgeplagten und nicht die Flughafenbetreiber schützen und die zukünftig uns ein menschenwürdiges Leben im Rhein Main Gebiet ermöglichen werden.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit

 

Bitte lesen Sie hieru auch den Spendenaufruf der Gesundheitsregion Rheinhessen e.V.