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Initiative gegen Fluglärm Mainz

Unerwartet starker Rückgang der Flugbewegung am Frankfurter Flughafen

Am 26. Oktober 2012 gab die Fraport AG zum Winterflugplan 2012/2013 bekannt, dass die Anzahl der angemeldeten wöchentlichen Starts mit 3.980 etwa 4,6% unter dem Vorjahreswert liegen werde. Für die ersten neun Monate musste die Fraport AG einen Anstieg der Flugbewegungen von lediglich 0,1% gegenüber dem Vorjahr bekannt geben. Dabei hatte Fraport-Chef Dr. Schulte vor Eröffnung der Landebahn Nordwest angekündigt, die Anzahl der Flugbewegungen im ersten Jahr um bis zu 10% und in den weiteren Jahren um bis zu 5% zu steigern, um die angestrebte Anzahl von 700.000 Flugbewegungen im Jahr 2020 erreichen zu können.


Trickst bei den Pressemitteilung – Fraport-Chef Stefan Schulte, Foto: Fraport

Den dürftigen Anstieg der Flugbewegungen begründet Schulte wechselnd mit der schlechten gesamtwirtschaftlichen Lage, streikbedingten Ausfällen oder dem Wirbelsturm Sandy, der (lediglich) zu einen Ausfall von 30 Flugverbindungen von und nach Frankfurt am Main geführt hat. Der Düsseldorfer Flughafen spürt von diesen gesamtwirtschaftlichen Problemen jedenfalls nichts. Er konnte bei der Anzahl der Flugbewegungen ein Plus von 2,8% und einen Anstieg der Fluggäste um 7,1% gegenüber dem Vorjahr vermelden. Die Flughäfen München und Düsseldorf operieren im Winterflugplan mit nahezu unveränderten Flugbewegungszahlen.

Um die Aktionäre, insbesondere die Großaktionäre Land Hessen und Stadtwerke Frankfurt am Main zu beruhigen, griff Fraport-Chef Dr. Schulte wieder mal in die Trickkiste. Hierzu bemüht er für den Sommerflugplan 2013 den sogenannten Koordinationseckwert, dessen Anhebung er ankündigte. Damit versucht Dr. Schulte zu suggerieren, dass eine größere Nachfrage an Slots bestehe, die zu einem Anstieg der Flugbewegungen führen werde, was wiederum die Erhöhung des Koordinationseckwerts erforderlich mache. Tatsächlich garantiert ein Flughafen mit der Festsetzung eines Koordinationseckwertes, dass er eine bestimmte Anzahl von Flugbewegungen pro Stunde abwickeln kann. Der Wert sagt aber nichts darüber aus, ob eine entsprechende Nachfrage besteht. Im WELT-Artikel „Fraport richtet sich auf harten Winter ein“ wird Dr. Schulte mit der Ankündigung zitiert, den Kapazitätseckwert der stündlichen Flugbewegungen im kommenden Sommer 2013 um 4 auf 94 zu erhöhen. Die Fraport AG habe keine andere Möglichkeit, wenn man sich nicht dem Vorwurf der künstlichen Marktverknappung bei den Start- und Landerechten aussetzen wolle. Wer ständig trickst und täuscht sollte allerdings nicht den Überblick verlieren. Wie die Fraport AG in einer früheren Pressemitteilung bekannt gab, wurde der Koordinationseckwert für die Sommersaison 2012 vom Bundesministerium für Verkehr auf 96 Bewegungen pro Stunde festgelegt. Tatsächlich wird der Koordinationseckwert für den Sommerflugplan 2013 somit nicht von 90 auf 94 erhöht, sondern von 96 auf 94 gesenkt, wobei dies natürlich nicht bedeutet, dass diese Kapazität tatsächlich auch von den Fluggesellschaften in Anspruch genommen wird.

Hieran bestehen erhebliche Zweifel. Die Lufthansa AG als Hauptkunde am Frankfurter Flughafen gab am 31. Oktober 2012 bekannt, dass sie künftig 34 Flugzeuge weniger als geplant einsetzen werde und weitere Stilllegungen von Flugzeugen und Strecken geprüft werden müssten. Die Kranich-Airline rechnet bei der Lufthansa-Passage für 2012 mit einem spürbaren operativen Verlust. Dabei werde der tendenziell negative Ausblick laut Finanzvorstand Menne durch eine „sich abschwächende Buchungstendenz“ gestützt. Menne erwartet insbesondere, dass sich die Nachfrage in der teuren Business-Class und in der First Class weiter abschwächen wird. Die Lufthansa AG ist der Hauptkunde des Frankfurter Flughafens und für ca. 60% der dortigen Flugbewegungen verantwortlich.

Die Entwicklung der Flugbewegungen und die Ankündigungen der Lufthansa müssten Fraport-Chef Schulte sowie der Hessischen Landesregierung eigentlich die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Zudem kündigte Condor an, für die Stationierung von mehreren Langstreckenmaschinen Alternativen zum Frankfurter Flughafen für den Winterflugplan 2013/2014 zu suchen. Bereits ein paar Wochen zuvor hatte Condor-Chef Teckentrup in einem Interview mit der Neuen Frankfurter Presse erläutert, dass für Condor vor Eröffnung der Landebahn Nordwest, die mit einem Nachtflugverbot einherging, die Möglichkeit bestanden habe, den Frankfurter Flughafen 21 Stunden zu nutzen. Diese Nutzungsdauer sei mit Einführung des Nachtflugverbots auf 18 Stunden begrenzt worden, so dass die Flugzeuge betriebswirtschaftlich nicht mehr optimal ausgenutzt werden könnten. Als Manager einer Fluggesellschaft sei es nicht seine Aufgabe, den Frankfurter Flughafen zu stärken, sondern die Flugzeuge möglichst lange fliegen zu lassen.

Zudem kündigte die schwächelnde Kranich-Airline an, mit ihrem Kooperationspartner Turkish Airlines enger zusammenarbeiten zu wollen. Von einer gesellschaftsrechtlichen Überkreuzbeteiligung ist in der Presse zu lesen. Turkish Airlines fliegt inzwischen 11 deutsche Flughäfen an und transportiert die Reisenden über ihr Drehkreuz in Istanbul zu zahlreichen Zielen in Afrika und in Asien. Im Jahr 2014 soll in Istanbul mit dem Bau des größten Verkehrsflughafens der Welt begonnen werden, der eine Abfertigungskapazität von bis zu 150 Millionen Passagieren im Jahr haben soll. Lufthansa und Turkish Airlines könnten zur Kostenersparnis das Asien- und Afrika-Geschäft bündeln. Dies könnte mit einer erheblichen Streichung doppelter Flugverbindungen einhergehen.

Auch scheut sich Fraport nicht, die Aufnahme neuer Streckenverbindungen vorzutäuschen. Für den Sommerflugplan 2013 wird beispielsweise die „neue Verbindung“ von Frankfurt nach Antalya mit Lufthansa angekündigt. Tatsächlich wurde diese Verbindung bereits im Sommerflugplan 2012 durchgeführt.

Pressemitteilungen der Fraport AG zu den wirtschaftlichen Aussichten sind deshalb mit größter Vorsicht „zu genießen“. Ein Jahr nach Eröffnung der Landebahn Nordwest bleibt die Feststellung, dass es zu keiner Erhöhung der Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen gekommen ist und diese im Jahr 2012 selbst hinter den Flugbewegungen der Jahre 2005 bis 2007 zurückbleiben werden. Das Verkehrsaufkommen hätte völlig problemlos über das frühere Zwei-Bahnen-System abgewickelt werden können. Die Investitionen von 2 Milliarden Euro für den Ausbau des Frankfurter Flughafens lasten schwer auf der Fraport AG, die ihre Verschuldung zwischenzeitlich auf 2,8 Milliarden Euro hochgetrieben hat.