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Initiative gegen Fluglärm Mainz

Was sonst noch passiert ist

Im Artikel „Der Flughafenausbau und die Kultur“, der am 27. Oktober 2012 auf www.hr-online.de veröffentlicht wurde, werden der Leiter des Rheingau Musikfestivals, Herr Michael Herrmann undder für die Betreuung von Sponsoren zuständige Claus Wisser u.a. zur Fluglärmproblematik befragt. Herr Wisser ist Inhaber der WISAG-Gruppe, zu der die WISAG Aviation Service Holding GmbH gehört. Bei dieser handelt es sich um einen der führenden Spezialisten für Flughafendienstleistungen. Als solche bringt die Gesellschaft, wie sich aus dem Artikel ergibt, auch Dienstleistungen für die Fraport AG. Unter der Überschrift „Gute Verbindungen zahlen sich aus“ zitiert hr-online Herrn Wisser wie folgt:


Ein Anruf genügt und der Fluglärm ist weg - Flughafenfreund und Inhaber der Wisser-Gruppe Claus Wisser, Copyright: WISAG

Kämpft gemeinsam mit den Fluglärmgeschädigten gegen die Verlärmung der Stadt Mainz - Umweltdezernentin Katrin Eder, Foto: gruene-rlp.de

Jammert obwohl er Miliardensubventionen erhält – LH-Chef Christoph Franz, Foto: Lufthansa

Auch über den Rheingau gibt es schon relativ viel Fluglärm, so dass wir für wichtige Konzerte manchmal auch schon gebeten haben, die Flugrouten zu ändern, das ist auch schon ein paar mal gelungen.“

Weiter oben im Artikel wird Herr Herrmann wie folgt zitiert:

„Für uns ist der Flughafen als Sponsor ungeheuer wichtig, nur dann gibt es viele Firmen, die unmittelbar mit dem Flughafen ihr Geld verdienen – wie die WISAG z.B. oder andere große Logistikfirmen“ sagt Michael Herrmann.

Hierzu veröffentlichte unsere Bürgerinitiative eine Pressemitteilung (einfach anklicken). Der Skandal wurde von der Mainzer Allgemeinen Zeitung aufgegriffen, die Rücksprache mit der Deutschen Flugsicherung hielt. Deren Pressesprecher Axel Raab räumte ein, dass die Deutsche Flugsicherung in den 90iger Jahren während der Konzerte im Rheingau Flugzeuge auf anderen Routen fliegen ließ, um die Konzerte nicht zu stören. Auf diese Aussage hat sich auch das Bundesamt für Flugsicherung auf ein Schreiben unserer Bürgerinitiative hin zurückgezogen. Eine zunächst angekündigte Recherche unterblieb. Das Bundesamt für Flugsicherung machte sich die Begründung von Axel Raab ohne Prüfung zu eigen und verwies darauf, dass durch das gesteigerte Verkehrsaufkommen in den letzten Jahren eine derartige Flugroutenänderung nicht mehr möglich sei. Wir können bereits jetzt sagen, dass diese Aussage falsch ist und wir uns in Kürze zu diesem Thema wieder melden werden.

- Die Mainzer Umweltdezernentin Katrin Eder ist zur stellvertretenden Vorsitzenden der Frankfurter Flughafenkommission gewählt. Diese Kommission, der Gemeinden rund um den Flughafen, die Luftfahrtwirtschaft, die Flugsicherung und Vertreter der Landesregierung angehören, hat beratende Funktion, u.a. bei der Festlegung von Flugrouten. In diesem Zusammenhang teilte der Vorsitzende der Fluglärmkommission, der Raunheimer Oberbürgermeister Jühemit, dass über alternative Flugrouten zur sogenannten Südumfliegung, die die südlichen Mainzer Stadtteile aber auch Rheinhessen bei Westbetriebsrichtung erheblich belasten, noch nicht abschließend beraten worden sei. Es fehlten noch Lärmberechnungen und auch die Sicherheitsaspekte seien noch nicht geprüft worden. Das Thema werde im Februar wieder behandelt. Jühe macht aber deutlich, dass es aus seiner Sicht weitaus stärker von Fluglärm betroffene Regionen gäbe als die Umgebung von Mainz. Die Deutsche Flugsicherung hat den Vorschlägen eines von der rheinland-pfälzischen Landesregierungeingeholten Gutachtens zu Alternativrouten aus „Sicherheitsgründen“ facto schon eine Absage erteilt. Dabei hatte die Gewerkschaft der Fluglotsen vor wenigen Wochen „Lärmverschiebung“ als Grund für die Einführung der Südumfliegung genannt.

Frech ist die BehauptungJühes, dass es durch die neuen Flugrouten nach Eröffnung der neuen Landebahn viele neue Betroffene gegeben habe, Beschwerden aber nur aus Rheinland-Pfalz gekommen seien.
Jühe hat offenbar noch nie an einer Montagsdemonstration teilgenommen. Dann wäre ihm sicher nicht entgangen, dass Menschen von Bad Kreuznach bis zum Spessart gegen die unerträgliche Verlärmung der Region protestieren. Der Lärmteppich überzieht inzwischen ein Gebiet von ca. 120 Kilometer auf ca. 50 Kilometer. Der Aussage von Jühe waren heftige Attacken des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz(SPD) vorausgegangen, der plakativ aber zu unkonkret eine Reduzierung des Lärms und eine Reduzierung der Flugbewegungen in den Nachtrandzeiten forderte. Der Forderung nach einem absoluten Nachtflugverbot zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr hat sich die rheinland-pfälzische Landesregierung bislang bedauerlicherweise nicht angeschlossen. Hier werden die Bürgerinitiativen noch Überzeugungsarbeit leisten müssen.

- Zu Wort gemeldet hat sich wieder einmal der Condor-Vorstandsvorsitzende Ralf Teckentrup. Nachdem er vor ein paar Monaten den Fluglärmgeschädigten im Rhein-Main-Gebiet riet, wegzuziehen, forderte er pünktlich zu Beginn des Winterflugplans eine „flexiblere Handhabung der 23:00 Uhr-Nachtfluggrenze“. Dieser Wunsch bestehe insbesondere bei Schlechtwetterlagen. Auch dann wolle man Passagiere befördern, so der Airline-Chef. Dabei übersieht Teckentrup, dass es sich beim Nachtflugverbot um keine „Schön-Wetter-Bestimmung“ handelt. Dass es im Winter schneit und friert, ist keine Überraschung. „Fraport und die Fluggesellschaften müssen den Betrieb entsprechend organisieren“, forderte der Hessische Landtagsabgeordnete Frank Kaufmann (Bündnis 90/ Die Grünen). Der Flughafenbetreiber Fraport kündigte an, seinen Winterdienst weiter aufrüsten zu wollen. Ob dies tatsächlich geschieht, kann natürlich nicht überprüft werden. Dass es Fraport-Chef Schulte mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, war an anderer Stelle bereits zu lesen.

- Wie schön des Öfteren in der Vergangenheit griff Lufthansa-Chef Christoph Franz in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung am 18. November 2012 die Politik scharf an. Dieser warf er vor, die Luftverkehrsbranche schwer zu schädigen. Die Fluggesellschaften würden im Wettbewerb massiv behindert, weil Deutschland im Alleingang eine Luftverkehrssteuer erlassen habe. Wörtlich fügte er hinzu:

Wir werden nicht mehr als Wachstumsmotor für die Volkswirtschaft gesehen, sondern als Goldesel zur Abgabe von Steuern, als Emittent von Treibhausgasen und als Lärmquelle.“

Hilfe wünscht sich die Lufthansa auch bei der Auseinandersetzung mit Spartengewerkschaften wie UFO, die mit Streiks ganze Industrien blockieren könnten. „Dann muss der Gesetzgeber aktiv werden, etwa Zwangsschlichtungen vorschreiben“, sagt Franz.

Christoph Franz fordert letztlich eine für den Geschäftsbetrieb der Lufthansa maßgeschneiderte Gesetzgebung. Dabei verschweigt er, dass keine andere Industrie derart subventioniert wird wie die Luftverkehrswirtschaft. Durch die Energiesteuerbefreiung des Kerosins und die teilweise Befreiung des Luftverkehrs von der Umsatzsteuer entgehen dem deutschen Fiskus Einnahmen von ca. 12 Milliarden Euro im Jahr. Ein kleiner Bruchteil hiervon (ca. eine Milliarde Euro) wird über die Luftverkehrsabgabe kompensiert. Die Subventionierung der Fluggesellschaften geht dabei zu Lasten anderer Verkehrsträger wie der Bahn. Auch die Steuerzahlungen durch den Lufthansa-Konzern sind für ein DAX-Unternehmen erschreckend gering. Der Lufthansa-Konzern zahlte laut Geschäftsbericht im Jahre 2011 weltweit Ertragssteuern im Umfang von ca. 175 Millionen Euro. Demgegenüber zahlte beispielsweise der BASF-Konzern nach Angaben in der Konzernbilanz weltweite Steuern in Höhe von ca. 2,71 Milliarden Euro und die BMW Group in Höhe von ca. 2,47 Milliarden Euro. Lufthansa-Chef Christoph Franz überschätzt auch die volkswirtschaftliche Bedeutung des Luftverkehrs für die Bundesrepublik Deutschland. Nach Angaben des Bundesamts für Statistik betrug der Anteil der Luftfahrt an der Bruttowertschöpfung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2009 nahezu bedeutungslose 0,21%. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Der Wert dürfte sich, wenn überhaupt, nur unwesentlich verändert haben.

Die Fluggesellschaften werden auch nicht angemessen an den Kosten der Schäden durch den Klimawandel beteiligt. Die industriefreundliche Weltbank warnt in einem Bericht vom 19. November 2012 vor einer Erderwärmung von 4 Grad Celsius mit dramatischen Folgen bis zum Ende des Jahrhunderts wie bislang nicht erlebte Hitzewellen und Missernten. Der Anteil der weltweit von den Luftverkehrsgesellschaften verursachten CO²-Emissionen wird in wenigen Jahren ca. 10% erreichen. Dabei wehrte sich die Lufthansa von Anfang an gegen die Einbeziehung der Fluggesellschaften in den EU-Emissionshandel. Die Lobbyarbeit in Brüssel hatte zunächst Erfolg. Auf Druck der Fluggesellschaften hat die EU den CO²-Handel im Luftverkehr vorerst ausgesetzt. Umweltpolitische Einsichtsfähigkeit besitzt Christoph Franz ohnehin nicht. Die Lufthansa unterhält weiterhin Kurzstreckenverbindungen wie Frankfurt-Düsseldorf oder München-Nürnberg (Luftlinie 120 Kilometer), die mit einem besonders hohen Schadstoffausstoß verbunden sind. Um diesen Irrsinn künftig kostendeckend betreiben zu können, fordert Christoph Franz jetzt weitere Steuererleichterungen. Die Umweltschäden sollen sodann von der Allgemeinheit getragen werden. Ebenso wenig werden die Fluggesellschaften an den Kosten von Gesundheitsschäden durch Fluglärm und Flugzeugabgase beteiligt. Allein für das Rhein-Main-Gebiet werden diese Kosten bis zum Jahr 2020 nach einer Studie von Prof. Dr. Eberhard Greiser mit mindestens ca. einer Milliarde Euro beziffert.

Zu Recht fordern deshalb die Bürgerinitiativen die Verursacher gerechte Zuordnung von Kosten auf die Luftfahrtindustrie und den sofortigen Stopp der Subventionen zu Lasten der Steuerzahler und anderer Verkehrsträger.