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Initiative gegen Fluglärm Mainz

30.08.2012 Kategorie: Kolumne - Das Wichtigste in Kürze

Mehrere Kommunen fordern Mediationsverfahren zur Südumfliegung

Acht Kommunen aus dem Rhein-Main-Gebiet haben im Streit um die Flugrouten am Frankfurter Flughafen ein Mediationsverfahren gefordert. Mit einer bereits vor Monaten erhobenen Klage vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof versuchen die Gemeinden Nackenheim, Lörzweiler, Nierstein, Ober-Olm, Klein-Winternheim, Groß-Gerau, Nauheim und Trebur die im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme der Landebahn Nord-West eingerichtete Südumfliegung für rechtswidrig erklären zu lassen.


Fordert ein Mediationsverfahren zur Festlegung von Flugrouten: Landrat Claus Schick (SPD)

Fordert ein Mediationsverfahren zur Festlegung von Flugrouten: Landrat Claus Schick (SPD)

Während die Flugzeuge früher über Flörsheim nach Norden flogen (sog. TABUM-Route) bzw. noch heute über Flörsheim und Hochheim in den Nordwesten abdrehen (sog. MASIR-Route) werden die Flugzeuge bei der Südumfliegung auf dem Weg nach Norden und Westen nach dem Start auf eine Südschleife über Groß-Gerau, Nauheim und Trebur geschickt, um sodann über Mainz-Laubenheim, Mainz-Weisenau und Mainz-Oberstadt in Richtung Norden zu fliegen. Ab September 2012 sollen besonders schwere Maschinen nördlich von Nierstein über den Rhein eindrehend über Nieder-Olm, Essenheim und Heidesheim gen Norden/Nordwesten fliegen.

Ganz zweifelsohne handelt es sich bei der Südumfliegung um eine Lärmverschiebung zur Entlastung von Flörsheim, Hochheim und letztlich Wiesbaden in den Süden von Mainz und nach Rheinhessen. Die Begründung für die Verlegung der bisherigen Routen (Durchstarterproblematik) ist unschlüssig, da sie auch für die Südumfliegung gilt. Claus Schick spricht von einer „willkürlichen“ Entscheidung bei der Festlegung der Südumfliegung. Die Forderung, die Südumfliegung aufzugeben und die bisherigen oder jetzigen Routen zu fliegen, verfolgt das Ziel, den Fluglärm in andere Gebiete (zurück) zu verschieben. Diese Forderung ist aus Sicht der Betroffenen verständlich. Die Klage gegen die Südumfliegung löst aber nicht das wahre Problem der Fluglärmproblematik im Rhein-Main-Gebiet. Weder der Landrat Claus Schick (SPD) noch der SPD-Fraktionsvorsitzende im rheinland-pfälzischen Landtag Hendrik Hering haben den Schneid anzuerkennen, dass der weitere Ausbau des Frankfurter Flughafens ein Fehler  war und nur die Schließung der Landebahn Nordwest und eine Begrenzung der Flugbewegungen eine Zerstörung der Lebensqualität im Rhein-Main-Gebiet verhindern kann.


Herr Hering hatte die Forderung nach der Schließung der Nordwestbahn in einem Interview mit der Allgemeinen Zeitung Mainz vom 21. Juni 2012 sogar als „unredlich“ bezeichnet. Dabei übersehen Politiker wie Claus Schick und Hendrik Hering, dass sich der Lärmteppich in den nächsten Jahren weiter ausbreiten wird, um wegen der Komplexität der Flugrouten die angestrebte Steigerung der Flugbewegungen erreichen zu können. Sowohl Claus Schick als auch Hendrik Hering dürfte das unsinnige „Arbeitsplatzargument“ umtreiben. Es steht außer Frage, dass am Frankfurter Flughafen viele Menschen beschäftigt sind, wobei einige Firmen bereits bestehende Arbeitsplätze auch einfach nur an den Flughafen verlagert haben. Gesundheit und Arbeitsplätze dürfen jedoch nicht in eine „Waagschale“ geworfen werden. Die Gesundheitsinteressen der Allgemeinheit haben Vorrang vor den wirtschaftlichen Partikularinteressen der Fraport AG und der Fluggesellschaften. Laut Angaben der IHK Hessen können gegenwärtig ca. 150.000 offene Stellen für qualifizierte Arbeitskräfte (Arbeitskräfte mit Berufsausbildung oder Studium) nicht besetzt werden. Ebenso viele offene Stellen gibt es für nichtqualifizierte Arbeitskräfte. Hessen wirbt gegenwärtig Fachkräfte in Spanien und Frankreich an (FAZ-Artikel vom 12. Juni 2012 „Hessen will Fachkräfte in Spanien finden“). Dabei geht es um Ingenieure, Naturwissenschaftler und qualifizierte Pflegekräfte. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu absurd, dass die Hessische Landesregierung mit dem weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze (überwiegend im Niedriglohnsegment) vorantreibt, die die Lebensqualität der Region zerstören und ihre Einwohner krank macht. Selbst wenn im Zuge des Nichtausbaus des Frankfurter Flughafens Arbeitsplätze wegfallen sollten, könnten somit tausende Mitarbeiter – ggf. nach Umschulungsmaßnahmen – auch auf hunderttausenden freien Arbeitsplätzen weiterbeschäftigt werden. Dabei ging die Fraport AG nach ihren Angaben im Planfeststellungsantrag sogar davon aus, dass sich selbst im Falle des Nichtausbaus des Frankfurter Flughafens die Anzahl der Arbeitsplätze in den nächsten Jahren erhöhen wird. Ein Ausbaustopp für den Frankfurter Flughafen würde sich als Segen für die Region erweisen und auch die bereits eingesetzte Abwanderung fluglärmgeplagter Fachkräfte aufhalten.

Zurück zum angestrebten Mediationsverfahren: Offen bleibt, welches Ergebnis sich Claus Schick von dem Mediationsverfahren erwartet. Keine Gemeinde und kein Einwohner einer Gemeinde will zusätzlichen Fluglärm haben. Ein Mediationsverfahren birgt die erhebliche Gefahr, dass die Fluglärmbewegung gespalten und zerstritten wird. Richtig ist deshalb allein die Forderung nach einem Ausbaustopp des Frankfurter Flughafens, mit dem eine Schließung der Landebahn Nordwest und eine Begrenzung der Flugbewegungen einhergehen muss. Dann löst sich das Problem mit der Südumfliegung, die im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme der Nordwestbahn eingerichtet wurde, von selbst. Diese Forderung hat Herr Schick bislang nicht erhoben. Es sind deshalb erhebliche Zweifel angebracht, ob es ihm wirklich um Lärmschutz oder nur um Lärmverschiebung geht.