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Ryanair am Frankfurter Flughafen - Was bedeutet das für uns?
Die Meldung kam ziemlich überraschend: Ryanair stationiert ab dem Sommerflugplan 2017 zwei Maschinen am Frankfurter Flughafen um dort täglich 4 Ziele - Palma de Mallorca, Alicante, Faro und Malaga- anzufliegen. Mittelfristig bis langfristig sollen am Frankfurter Flughafen bis zu 8 Flugzeuge stationiert werden. Lufthansa und Condor reagieren empört, da Ryanair über ein Incentive Programm Rabatte gewährt werden sollen, die es Ryanair erst ermöglichen, konkurrenzlose Angebot zu unterbreiten.
Wer letzte Woche für den 7.4.2017 einen Flug von Frankfurt nach Faro und am 14.4.2017 zurück buchen wollte, erhielt über das Portal Opodo drei Angebote: Ryanair für 120 Euro, Lufthansa und TAP für jeweils 320 Euro. Für welche Airline wird sich ein preisbewusster Kunde wohl entscheiden? Lufthansa und Condor haben bereits angekündigt, keine höheren Flughafengebühren als Ryanair zu zahlen. Fraport droht mit einer Zahlungsklage. Mitten im Streit steht der Hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, dem das Incentive Programm zur Genehmigung vorliegt. Er hat Rechtsanwälte beauftragt, die von Fraport vorgelegte Gebührenordnung, die ab dem 1.1.2017 gelten soll, überprüfen zu lassen. Aus ersten Andeutungen ist zu schließen, dass Tarek Al-Wazir dem Incentive Programm zustimmen wird. Tarek Al-Wazir tritt zwar forsch auf, ist aber ein ängstlicher Mensch, der Konflikte mit dem Flughafen scheut und lieber wirkungslose Lärmminderungs-Placebos unter großem Getöse verkündet. Das Luftverkehrsrecht ist ein „Tendenzrecht“, in dem viele Auffassungen recht unangreifbar vertreten werden können. Dies gilt auch für das Wettbewerbsrecht. Es wäre ein Leichtes für den hessischen Wirtschaftsminister, einfach mal „Sand ins Getriebe“ des Flughafens zu streuen und das Incentive Programm abzulehnen.
Was bedeutet die Ansiedlung von Ryanair für den Frankfurter Flughafen und uns?
Das Kerngeschäft des Frankfurter Flughafens ist der Umsteigeverkehr mit dem Hauptkunden Lufthansa. Mehr als die Hälfte der Passagiere des Frankfurter Flughafens sind bislang Umsteiger, wobei ein erheblicher Teil auf Europastrecken umsteigt. Diese Passagiere werden in der Fraport-Statistik doppelt gezählt. Dieses Geschäftsmodell des Frankfurter Flughafens wird von den Billig Airlines ausgehöhlt, in dem sie durch einen massiven, europaweiten Ausbau der Direktverkehre dem Hubkonzept der Lufthansa und des Frankfurter Flughafens die Passagiere abjagen. Ausgerechnet der Frankfurter Flughafen glaubt jetzt, in Ryanair einen Verbündeten für mehr Wachstum gefunden zu haben. Dabei zeigen gerade die Meldungen der letzten Tage, dass ein „Angriff“ von Ryanair auf Lufthansa auch ein „Angriff“ auf den Frankfurter Flughafen ist. Mit der Stationierung von Flugzeugen in Hamburg und Nürnberg und dem starken Ausbau der Ziele von Berlin wird auf vielen weiteren Strecken ein umständliches Umsteigen in Frankfurt, dass die Reise um Stunden verlängert, überflüssig. Bereits jetzt hat allein Ryanair über 350 Flugzeuge im Einsatz, die von 85 Basen mehr als 1600 Strecken in Europa bedienen und monatlich werden es mehr. Gefahr droht dem Frankfurter Flughafen und anderen Drehkreuzen auch auf der Langstrecke. Hier machen den Drehkreuzen nicht nur Turkish Airlines und die Golf-Airlines sondern bald auch Billig Airlines aus Asien und Nordamerika Konkurrenz, die für die kommenden Jahre die Aufnahme von zahlreichen Direktverbindungen nach Europa angekündigt haben. Möglich machen dies kleinere und spritsparende Langstreckenflugzeuge, die nicht mehr darauf angewiesen sind, dass Passagiere weltweit eingesammelt werden müssen, um ein Großraumflugzeug zu füllen. Wie groß muss die Verwirrung und Verzweiflung bei Fraport sein, dass sich der Flughafen zu Gunsten von Ryanair mit seinem langjährigen Kunden Lufthansa überwirft und versucht, den Iren großzügige Rabatte zu gewähren und Lufthansa aus seinem Heimatmarkt abzudrängen.
Für den Winterflugplan 2016/2017 hat Fraport einen Rückgang der Passagierflüge um 1% gegenüber dem Winterflugplan 2015/2016 angekündigt. Die Erfahrungen der letzten Jahre lehren, dass der Rückgang in der Regel deutlich höher ausfällt als von Fraport angekündigt. Ohnehin fehlen dem Flughafen nach seinen Ausbauprognosen mehr als 200.000 Flugbewegungen pro Jahr, was sicher nicht mit den geopolitischen Unruhen in der Türkei zusammenhängt, auf die sich Fraport-Chef Schulte gebetsmühlenartig beruft. Berücksichtigt man die im Jahr 2015 streik- und witterungsbedingten Ausfälle (ca. 7500), wird der Flughafen im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr ca. 15.000 Flugbewegungen verlieren. Tatsächlich fanden in 2015 ca. 468.500 Flugbewegungen statt, geplant waren ca. 476.000 Flugbewegungen. Das Jahr 2016 wird mit ca. 463.000 Flugbewegungen enden, wobei das Jahr mit dem 29.2.2016 einen zusätzlichen Flugtag hatte. Auch Ryanair wird den Rückgang der Flugbewegungen nicht stoppen. Auf Jahressicht werden mit 2 Flugzeugen ca. 2900 Flugbewegungen durchgeführt werden, was etwa 0,6 % der Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen entspricht. Die Strecke Frankfurt – Palma de Mallorca wird zudem bereits von 5 Airlines bedient, auch die Strecken nach Malaga und Faro werden von mehreren Fluggesellschaften angeboten. Es liegt auf der Hand, dass ein Verdrängungswettbewerb einsetzen und irgendein Wettbewerber die Strecken einstellen wird. Auch werden andere Passagiere statt nach Barcelona nach Alicante fliegen. Ob wirklich viel Neukundengeschäft akquiriert werden kann, damit die Passagierzahlen ansteigen, bleibt abzuwarten. Der Erfolg von Ryanair und EasyJet in anderen Städten, insbesondere in Berlin, beruhte jedenfalls darauf, dass es dort wenige Direktverbindungen gab und viele Ziele umständlich mit Lufthansa nur über Frankfurt erreicht werden konnten. Ein Großteil der Passagiere sind ohnehin ausländische Berlin-Touristen, die dort ein Wochenende verbringen wollen. Derartige Touristenströme aus Europa wird es nach Frankfurt nicht geben. Mit Städten wie London, Paris, Rom oder Berlin kann Frankfurt bei weitem nicht konkurrieren.
Am Ende stehen den 8 Ryanair Maschinen, die mittelfristig in Frankfurt starten und landen sollen, über 1000 Flugzeuge von Ryanair, Easyjet & Co. gegenüber, die aus mehr als 100 Städten in Europa Direktverbindungen anbieten und deren Passagiere, viele davon ehemalige LH-Kunden, nicht mehr über Frankfurt fliegen werden. Es ist deshalb eher zu erwarten, dass das Wegbrechen des Umsteigeverkehrs nicht durch eine erhöhte Nachfrage nach Ryanair-Flügen ab Frankfurt wett gemacht werden kann. Bemerkenswert ist auch, dass Ryanair eine Kooperation mit der irischen Air Lingus eingegangen ist, um von vielen kleineren Städten Passagiere zum Nordamerika-Drehkreuz nach Dublin zu fliegen. Dublin liegt geografisch in Richtung Nordamerika günstiger als die Drehkreuze Frankfurt (Lufthansa), Paris (Air France) und Amsterdam (KLM). Auch insoweit ist Ryanair ein Konkurrent von Lufthansa. für 2020 hat Ryanair zudem eigenen Transatlantikflüge von Europa in die USA angekündigt.
Bei genauer Betrachtung ist Ryanair - ebenso wie EasyJet oder WIzzAir - für den Frankfurter Flughafen nicht nur ein harter Konkurrent sondern eine ernste Bedrohung, da sie das Geschäftsmodell „Drehkreuz" des Flughafens in Bezug auf den Europaverkehr bereits heute in Frage stellen und aushöhlen. Lufthansa Passage hat im Winterflugplan 2016/2017 übrigens 1000 Flüge gegenüber dem Vorjahr eingestellt. Sicher wird mehr als die Hälfte dieser Flüge auf den Frankfurter Flughafen entfallen. Wachstum sieht anders aus!