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Initiative gegen Fluglärm Mainz

Landebahn Nordwest gesperrt - Wie geht es weiter?


Am 23. März 2020 verkündete Fraport eine Maßnahme (https://www.fraport.de/content/fraport/de/nachbarschaft-region/anwohner/news/2020/sperrung-der-landebahn-nordwest.html), für die viele FluglärmgegnerInnen seit Jahren kämpfen, nämlich die Sperrung der Landebahn Nordwest. Der aktuelle Verkehr wird - abgesehen von einer dreiwöchigen Sanierungsphase - bei Landungen fast ausschließlich über die Südbahn abgewickelt. Grund für die Sperrung ist die „Umwidmung“ der verhassten Landebahn in einen Abstellplatz für Lufthansa-Flugzeuge, die auf Grund des weltweiten Einbruchs des Luftverkehrs wegen der COVID-19-Pandemie nicht benötigt werden. Wie lange die Maßnahme auf recht erhalten bleibt, ist ungewiss. Ursprünglich plante Fraport mit einer Aufhebung der Sperrung am 30. April 2020. Das Datum der „Wiedereröffnung“ könnte sich weit nach hinten verschieben.

Die weltweite Reisewarnung (https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/-/2337860) des Auswärtigen Amtes für nicht notwendige touristische Reisen wurde zunächst bis zum 14. Juni 2020 verlängert. Auch Arbeitgeber schicken ihre Mitarbeiter derzeit ungern auf Dienstreisen mit dem Flugzeug. Rückkehrer aus dem Ausland müssen sich in eine zweiwöchige Quarantäne begeben und unterliegen in vielen Ländern ohnehin Ausgangsbeschränkungen. Zudem haben viele Arbeitgeber endlich erkannt, dass es ökonomisch oftmals keinen Sinn macht, Arbeitnehmer für ein zweistündiges Meeting auf eine 10-12stündige Dienstreise zu schicken, wenn sich das Meeting auch über eine Videokonferenz durchführen lässt. Es war schon immer „Augenwischerei" zu glauben, ein solches Meeting vor Ort wäre besonders produktiv. Eine Dienstreise von Frankfurt nach London ist von zu hause bis nach London-City einschließlich Anreise zum Flughafen, Kontrollen, Flug, weiterer Kontrolle, Zug in die City, dort ein Taxi nehmen und alles wieder zurück mit unproduktiven Zeiten von mindestens 8 Stunden verbunden, in denen bei Nutzung von Videokonferenzsystemen gearbeitet werden kann. Das Virus COVID-19 wird bis zur Entwicklung eines Medikaments und eines Impfstoffes immer ein Risiko auf Dienstreisen mit dem Flugzeug (und auch privaten Reisen) bleiben. Ob es angenehm ist, für die gesamte Zeit der Dienstreise spätestens ab Betretend es Flughafens eine Maske zu tragen, steht noch auf einem anderen Blatt.

Aber auf welcher Grundlage erfolgte die Sperrung der Bahn eigentlich? Wir haben uns am 7. April 2020 an das Hessische Verkehrsministerium gewandt und insbesondere folgende Fragen gestellt:  "Kann man heute bereits sagen, wann die Bahn wieder in Betrieb genommen wird bzw. unter welchen Voraussetzungen/Bedingungen dies geschehen wird? Ist insbesondere eine  bestimmte Anzahl von Flugbewegungen für die Aufhebung der Sperrung festgelegt worden? Zwei Tage später erhielten wir folgende Antwort:

"Die vorübergehende Außerbetriebnahme der Landebahn Nordwest erfolgte durch die Flughafenbetreiberin Fraport AG aufgrund des deutlichen Einbruchs der Verkehrszahlen aufgrund der COVID-19-Pandemie und um weitere erforderliche Abstellflächen für Luftfahrzeuge zu schaffen. Das temporäre Vorgehen wurde dem HMWEVW als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde angezeigt. Das HMWEVW hat der Fraport AG nach Prüfung des beabsichtigten Vorgehens in Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Betriebspflicht nach § 45 LuftVZO sowie mit den Vorgaben zur Betriebssicherheit nach der Verordnung (EU) Nr. 139/2014 mitgeteilt, dass keine Bedenken bestehen. Eine darüber hinausgehende formelle Genehmigung war nicht erforderlich.

Wann eine Wiederinbetriebnahme der Landebahn Nordwest durch die Fraport AG erfolgen wird, hängt von der Entwicklung des Luftverkehrs ab und lässt sich derzeit nicht abschätzen. Seitens des HMWEVW erfolgte keine Festlegung einer bestimmten Anzahl von Flugbewegungen, ab der die Landebahn Nordwest wieder in Betrieb zu nehmen ist. In jedem Fall muss die Fraport AG aufgrund der ihr obliegenden Betriebspflicht nach § 45 Abs. 1 LuftVZO sicherstellen, dass der  vorhandenen Flugbetrieb ordnungsgemäß und betriebssicher abgewickelt wird.“

Die Landebahn Nordwest ist gebaut worden, um im Jahr 2020 ca. 700.000 Flugbewegungen/Jahr abzuwickeln. Mit dem alten Zweibahnensystem konnten im Jahr 2007 492.569 Flugbewegungen durchgeführt werden, wobei es sicher eine gewisse Verspätungsproblematik gab. Vor Erreichen einer Flugbewegungszahl von ca. 400.000/Jahr wird es diese Problematik praktisch nicht geben. Vermutlich liegt diese Schwelle unter Nutzung modernster Navigationstechnik heute sogar höher. Der Deutsche Flugsicherung ist die Landebahn Nordwest ohnehin ein „Dorn im Auge“, da sie alle Start- und Landevefahren erheblich verkompliziert.  Bestes Beispiel ist die bis heute nicht funktionierende Südumfliegung, die zudem zu einer weitflächigen Verlärmung unserer Region geführt hat. Auch sind die Unterhaltskosten für den Betrieb einer Bahn, die der Flughafen nicht benötigt, sehr hoch.

Es bleibt abzuwarten, wie lange es dauern wird, bis der Luftverkehr wieder sein altes Niveau an Flugbewegungen erreicht und ab welcher Flugbewegungszahl sich Fraport entscheidet, die Landebahn Nordwest wieder zu aktivieren. Das Hessische Verkehrsministerium hat Fraport zumindest keine Auflagen gemacht. Wenn der Maßstab die „ordnungsgemäße und betriebssichere Abwicklung des Flugbetriebs“ ist, kann die Landebahn sicher noch lange gesperrt bleiben.  Auch ohne COVID-19 wäre die Anzahl der Flugbewegungen in diesem Jahr wieder unter 500.000/Jahr gefallen. Die Lufthansa-Gruppe, die für über 60% der Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen steht, hat eine Verkleinerung der Flotte um mindestens 100 Flugzeuge angekündigt. Bei den Verhandlungen über eine Staatsbeteiligung fordern Österreich, Schweiz und Belgien einen Ausbau der Drehkreuze in Wien, Zürich und Brüssel (https://www.airliners.de/belgien-schweiz-garantien-lufthansa/55188). Alle diese Flughäfen - einschließlich München - sind teils wesentlich kostengünstiger als der Frankfurter Flughafen und werden auf die nächsten Jahre erhebliche freie Kapazitäten haben. Zudem wird davon ausgegangen, dass Geschäftsreisen zumindest für die nächsten Jahre deutlich abnehmen. Politisch gewünscht ist aus Klimaschutzgründen zudem die stärkere Nutzung der Bahn auf Inlandsstrecken. Als Fluglärmgeschädigte hoffen wir natürlich, dass sich der Luftverkehr in Frankfurt auf einem deutlichen niedrigeren Level einpendeln wird als vor der Covid-19-Krise und die Landebahn Nordwest noch lange gesperrt bleibt.