Die Deutsche Flugsicherung will An- und Abflüge optimieren: Dies bedeutet mehr Fluglärm für Mainz und Rheinhessen! Dies lassen wir uns nicht bieten! Auf geht’s Oberstädter zur wichtigsten Demonstration vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Bau der Nordbahn (!) und die Regelung zum Nachtflugverbot.
Die Deutsche Flugsicherung hat gestern angekündigt, die An- und Abflüge im Laufe des Jahres zu „optimieren“. Im Ergebnis wird dies für einige Mainzer Vororte, aber insbesondere für Rheinhessen mit einer deutlichen Zunahme des Fluglärms verbunden sein. Ab August 2012 sollen bei Westwind mehr als 100 Flüge/Tag, die bislang über Flörsheim, Hochheim und Wiesbaden führten, auf die Südumfliegung verlagert werden. Dann werden auch schwere und besonders laute Maschinen wie etwa der Jumbo-Jet, der A380 und die MD 11 über die neue Südroute fliegen, die Rheinhessen und Teile von Mainz bereits belasten. Die genauen Flugrouten der Südumfliegung ab ca. August 2012 sind der Flugroutengrafik zu entnehmen.
Die weitere von der Deutsche Flugsicherung vorgeschlagenen Maßnahme, eine Anhebung der Flughöhe beim Anflug auf den Frankfurter Flughafen wird bestenfalls mit einer geringfügigen Entlastung verbunden sein, sofern die Anhebung der Anflughöhe mit dem am Frankfurter Flughafen verwendeten Instrumenten-Landesystem – dem Gleitstrahl – überhaupt abgewickelt werden kann. Auch die viel diskutierte Anhebung des Anflugwinkels von 3 auf 3,2 Grad wird kaum für Entlastung sorgen. Hier soll laut Deutscher Flugsicherung der Probebetrieb im Oktober 2012 beginnen. Für betriebsärmere Zeiten will die Deutsche Flugsicherung ab Februar 2012 weitere Varianten des kontinuierlichen Sinkflugverfahrens testen, bei dem die Flugzeuge mit Triebwerken im Leerlauf auf den Frankfurter Flughafen zusteuern. Bislang musste der Endanflug, der bei Ostwind etwa über dem Lerchenberg beginnt, mit mindestens 60%-Schub geflogen werden. Es bleibt abzuwarten, ob ein Zuschalten der Triebwerke zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt möglich ist und der geräuschärmere Sinkflug für die Einwohner in Mainz etwas bringt. Es ist ein Skandal, dass die Deutsche Flugsicherung, der seit spätestens 2007 die Inbetriebnahme der Nordbahn bekannt ist, erst in diesem Jahr mit Tests für fluglärmärmere An- und Abflugverfahren beginnen will. Es verwundert deshalb nicht, dass sich das Bundesverkehrsministerium als Alleingesellschafterin der Deutsche Flugsicherung entschieden hat, sich von allen Geschäftsführern zu trennen.
Auch aus der Politik waren diese Woche wieder viele Versprechungen zu hören, denen allerdings bislang keine Taten folgten. Bemerkenswert ist allerdings die Aussage des hessischen Sozialministers Grüttner, der in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zugab, dass es „in der Praxis lauter geworden sei, als jede Berechnung im Vorfeld habe erwarten lassen“. Nicht nur das Nachtflugverbot von 23:00 Uhr bis 05:00 Uhr müsse durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt werden, „auch in den sogenannten Randzeiten zwischen 22:00 Uhr und 23:00 Uhr sowie 05:00 Uhr und 06:00 Uhr müsse der Fluglärm verringert werden. Ebenso gelte es, den Fluglärm am Tag zu reduzieren.“ Auch der hessische Verkehrsminister Posch zeigt sich in Interviews einsichtiger. „Es grenzt an Körperverletzung, was da subjektiv teilweise empfunden wird, er sei mit der Situation alles andere als zufrieden“. Weiterhin griff Herr Posch in einem Interview mit der Mainzer Allgemeinen Zeitung die Idee von der Dezentralisierung der Frachtströme weg von Frankfurt auf. Interessant war der Hinweis darauf, dass sich die Hessische Landesregierung erhofft, dass das Bundesverwaltungsgericht die Frage der Erhöhung der Flugbewegungen problematisieren werde. Dies deutet darauf hin, dass der hessischen Landesregierung Bedenken kommen, ob die Anzahl der Flugbewegungen auf 126/Stunde – entsprechend den Planungen der Fraport AG – erhöht werden darf.
Kein Verständnis für den Protest der Anwohner des Flughafens zeigt die Lufthansa. Sie freut sich über eine höhere Pünktlichkeit und nimmt für sich in Anspruch „sogar leiser“ geworden zu sein. Die zusätzliche Kapazität des Flughafensystems habe dazu beigetragen, bislang notwendige Warteschleifen zu vermeiden. Dass Warteschleifen in einer Höhe von mehr als 2.000 Meter nicht ansatzweise mit der unerträglichen Lärmbelästigung beim Anflug auf die Nordbahn zu vergleichen sind, verschweigt die Lufthansa. Beim Lufthansa Cargo-Vorstand Garnadt liegen die Nerven blank. Anders ist es nicht zu erklären, dass er in einem Interview mit der Frankfurter Neuer Presse die Proteste gegen Fluglärm und Nachtflüge als „einzigartiges deutsches Problem“ bezeichnet. Forderungen nach einem Umzug der Lufthansa Cargo nach Leipzig oder zum Flughafen Hahn im Hunsrück lehnt Garnadt weiter ab. Trotzig scheut sich der erfahrene Manager auch nicht, das Unwort des Jahres 2010 in den Mund zu nehmen: „Frankfurt ist alternativlos“, sagt er, „entweder Frankfurt oder gar nicht“. Am Ende des Interviews beklagt er sich darüber, dass die Lufthansa Cargo derzeit in der Politik keine Verbündeten mehr habe. Verständnis für die Betroffenheit der vom Fluglärm geplagten Anwohner: Fehlanzeige!
Am 13. März 2012 beginnt die mündliche Verhandlung über die Wirksamkeit des Planfeststellungsbeschlusses zum Bau der Nordbahn und zu den Nachtflugregelungen. Entgegen weit verbreiteter Meinung prüft das Bundesverwaltungsgericht also auch, ob die Nordbahn überhaupt hätte gebaut werden dürfen. Die Nordbahn wird von der Fraport AG bislang auf der Grundalge einer vorläufigen Betriebserlaubnis betrieben. Auch wenn es vielen als unrealistisch erscheint, dass das Bundesverwaltungsgericht den Bau der Nordbahn für rechtswidrig erklärt, hat es in der Vergangenheit genügend Beispiele gegeben, in denen Infrastrukturbauten, die vor Rechtskraft einer Betriebs- oder Baugenehmigung errichtet wurden, wieder abgerissen werden mussten. Die Richter werden durch die Protestbewegung und die Äußerung der Politiker, die nahezu einhellig ein Nachtflugverbot fordern und einräumen, dass es in der Praxis lauter geworden sei, als jede Berechnung im Vorfeld habe erwarten lassen, nicht unbeeindruckt bleiben. Zu Recht hat der Spiegel in seinem Artikel vom 30. Januar 2012 die Frage aufgeworfen, ob die Bahn überhaupt hätte gebaut werden dürfen, da die Lärmbelastung bei der Entscheidung über die Genehmigung der Nordbahn ganz offensichtlich nicht korrekt bewertet wurde.
Darum muss unser Protest nicht nur fortgesetzt sondern medienwirksam ausgeweitet werden. Der kommende Samstag bietet all denjenigen Gelegenheit, ihren Protest zu zeigen, die aus zeitlichen oder sonstigen Gründen bislang nicht an den Montagsdemonstrationen teilnehmen können. Wir, die mit Politikern und den zahllosen Bürgerinitiativen täglich im Gespräch sind, haben das Gefühl, „das was geht“ und hierfür die nächsten Wochen entscheidend sein werden.
Aus diesem Grunde rufen wir eindringlich alle Mitglieder auf, an der Samstagsdemonstration im Frankfurter Flughafen teilzunehmen. Bringt Nachbarn, Freunde und Betroffene mit, um für die Einhaltung unserer Gesundheit und Lebensqualität zu kämpfen.