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Initiative gegen Fluglärm Mainz

Das „Jobwunder“ am Flughafen geht weiter – Condor schafft vier neue Arbeitsplätze

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Friedrich Theissen hatte in einem Interview, das in verschiedenen Tageszeitungen des Rhein-Main-Gebiets abgedruckt wurde, der Fraport AG und der hessischen Landesregierung eine „Manipulation der Arbeitsplatzprognosen“ im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zum Ausbau des Frankfurter Flughafens vorgeworfen. Die Arbeitskreise seien mit Lufthansa-Vertretern und sonstigen Personen besetzt worden, die eine große Nähe zur Luftverkehrswirtschaft hatten.


"Jobwunder" bei Condor

Arbeitskreise, die kritische Themen zum Flughafenausbau verhandeln sollten, seien mit dubiosen Begründungen aufgelöst worden. Neue Arbeitsplätze – so die Prognose von Prof. Dr. Theissen – werden am Flughafen nicht entstehen. Der Ausbau von Flughäfen habe generell lediglich Verlagerungen von Arbeitsplätzen zur Folge.

Der Arbeitsdirektor der Fraport AG, Herr Michael Müller, widersprach einen Tag später diesen Feststellungen. „Der Flughafen Frankfurt ist ein Wirtschaftsfaktor und Job-Motor erster Ordnung für die Region und darüber hinaus.“ Konkret nannte er 62.500 Arbeitsplätze im Jahr 2000, die auf aktuell 75.000 Beschäftigte angestiegen seien. Damit wären in den vergangen 13 Jahren etwa 12.500 Arbeitsplätze entstanden.

Auf den Unterschied zwischen neu geschaffenen und verlagerten Arbeitsplätzen ging Herr Müller nicht ein. Dabei hatte Report Mainz im Rahmen seiner Sendung „Jobwunder Flughafenausbau“ vom 17. Februar 2012 bereits festgestellt, dass von angeblich 7.000 neu geschaffenen Arbeitsplätzen im Jahre 2011 mehr als 5.300 Arbeitsplätze gar nicht neu entstanden, sondern lediglich an den Flughafen verlagert worden seien. Auch die Condor Flugdienst GmbH ist im Jahre 2012 mit 400 Mitarbeitern von Kelsterbach an den Frankfurter Flughafen gezogen. Zieht man diese Arbeitsplätze von den 12.500 seit dem Jahr 2000 angeblich entstandenen Arbeitsplätzen ab, machen die verbleibenden 6.800 Arbeitsplätze ca. 0,2% der Arbeitsplätze aus, die gegenwärtig im Rhein-Main-Gebiet (ca. 2,9 Mio.) vorhanden sind. Vermutlich sind aber weit mehr als 6.800 Arbeitsplätze durch schlichte Verlagerung entstanden. Nach Abschluss der Personalabbaumaßnahmen bei der Lufthansa AG werden unterm Strich keine neuen Arbeitsplätze am Flughafen übrig bleiben. Herr Müller hat mit seinen Aussagen die These vom Job-Motor des Frankfurter Flughafens selbst widerlegt.

Seit Eröffnung der Landebahn Nordwest sind einige wenige Arbeitsplätze im Einzelhandels- und Gastronomiebereich des Flugsteigs A Plus entstanden. Diese Mitarbeiter erhalten Niedriglöhne um EUR 1.000 brutto im Monat. Es ist ein gut gehütetes Geheimnis der Bundesagenturen für Arbeit, in welchem Umfang Aufstockungsleistungen an mehrere tausend Mitarbeiter des Flughafens gezahlt werden müssen, damit diese mit ihren Familien überhaupt auf dem Existenzniveau leben können.
Es ist auch deutlich hervorzuheben, dass die Bürgerinitiativen nicht die Schließung des Flughafens und damit den Wegfall von 75.000 Arbeitsplätzen fordern. Die Bürgerinitiativen sind keine Flughafengegner sondern Flughafenausbaugegner.

Wie aus der Überschrift dieses Artikels ersichtlich, ist es aber der Condor Flugdienst GmbH gelungen, vier neue Arbeitsplätze im Flughafenumfeld zu schaffen. Es handelt sich um vier Richterstellen am Amtsgericht Rüsselsheim. Diese mussten eingerichtet werden, da sich die Anzahl der Klagen gegen Condor von 247 im Jahr 2009 auf 2.482 im Jahr 2012 gesteigert hatte. Die Klageflut macht inzwischen zwei Drittel der Arbeit der Zivilkammern am Amtsgericht Rüsselsheim aus. Und die Prozessflut werde immer größer, wie in der Frankfurter Rundschau vom 7. Februar 2013 nachzulesen ist. Bei diesen Klagen geht es um Entschädigungsforderungen für Flugreisende, mutmaßlich wegen Verspätungen oder dem Ausfall von Flügen.

Inzwischen haben sich deutschlandweit einige Gesellschaften gegründet, die sich auf Schadensersatzklagen wegen verspäteter oder ausgefallener Flüge spezialisiert haben. Zu diesen gehört bspw. die flight right GmbH (www.flightright.de), die erfolgsbasierend prüft, ob einem nicht oder zu spät beförderten Fluggast ein Entschädigungsrecht zusteht. Nach EU-Recht können bis zu 600 Euro Entschädigung von einer Fluggesellschaft eingefordert werden. flight right liefert zunächst kostenlos eine Ersteinschätzung und übernimmt das Verfahren sodann auf Erfolgsbasis. Nach erfolgreichem Abschluss erhält flight right eine Erfolgsprämie von 25% der erstrittenen Entschädigungssumme zzgl. Mehrwertsteuer. Die Erfolgsaussichten der Verfahren sind hoch. Aus dem Rüsselsheimer Amtsgericht ist zu hören, dass die meisten Fälle gegen Condor entschieden würden.

Die Prozessflut gegen Condor wegen verspäteter oder ausgefallener Flüge macht aber auch eins deutlich: Condor kommt mit den Betriebszeiten am Frankfurter Flughafen, insbesondere dem Nachtflugverbot von 23:00 Uhr bis 5:00 Uhr, nicht zurecht. Wiederholt hat Condor-Chef Ralph Teckentrupp angekündigt, Alternativen zum Frankfurter Flughafen als Hauptstandort seiner Flugzeuge prüfen zu wollen. „Die Wirtschaftlichkeit der Condor in Frankfurt wird durch das Nachtflugverbot massiv beeinträchtigt“ klagt er in einem Interview mit dem Internet-Portal hr-Online am 18. Februar 2013. Bereits für den Winterflugplan 2013/2014 hat Condor zwei am Frankfurter Flughafen stationierte Flugzeuge nach München verlagert und bietet von dort zahlreiche Interkontinentalverbindungen an. Weitere Verlagerungen werden folgen. Teckentrupp muss befürchten, dass es aufgrund des Widerstands der Bevölkerung zu weiteren Betriebsbeschränkungen am Frankfurter Flughafen kommen wird. Es ist aus unserer Sicht nur eine Frage der Zeit, wann das Nachtflugverbot bis 6:00 Uhr ausgedehnt wird. Aus diesem Grunde wird Condor-Chef Ralph Teckentrupp nicht das Risiko eingehen und abwarten, bis weitere Betriebsbeschränkungen tatsächlich erlassen werden. Die Verlagerung von Maschinen und die Änderung von Flugverbindungen hat eine Vorlaufszeit von bis zu einem Jahr. Er muss deshalb als gewissenhafter und verantwortungsbewusster Geschäftsführer frühzeitig handeln und darf nicht abwarten, bis die nächsten Betriebsbeschränkungen erlassen werden. Die Flughafenausbaugegner brauchen bei den Ankündigungen des Herrn Teckentrupp kein schlechtes Gewissen zu bekommen. Der raumunverträgliche und gesundheitsschädigende Flughafenausbau stand von Anfang an unter der Bedingung eines Nachtflugverbots von 23:00 Uhr bis 5:00 Uhr. Aufgrund der unzumutbaren Lärmbelastung mussten Fraport und die Fluggesellschaften damit rechnen, dass sich die Flughafenanwohner hiermit nicht zufrieden geben würden. Die Fluggesellschaften hatten jahrelang Zeit, sich auf das aktuelle Nachtflugverbot einzustellen. Fluggesellschaften, die mit diesen Betriebszeiten nicht wirtschaftlich arbeiten können, müssen sich einen neuen Standort suchen.