Die Protestbewegung gegen den Fluglärm und insbesondere die Montagsdemonstrationen am Flughafen haben ein Maß an öffentlicher Auseinandersetzung mit dem Thema Fluglärm erreicht, wie wir dies vor einigen Wochen nicht zu hoffen gewagt hätten. Wie schon Mainz kurz nach der Bahneröffnung zeigte nun auch der Frankfurter Süden in den vergangenen Wochen eindrucksvoll seinen Protest. Die Politik ist alarmiert. Nicht zuletzt im Hinblick auf die am 11. März 2012 in Mainz und Frankfurt anstehenden Oberbürgermeister-Direktwahlen können die Politiker die Forderung der Rhein-Main-Bevölkerung auf Vorrang des Gesundheitsschutzes vor wirtschaftlichen Interessen nicht länger ignorieren. Auch überregionale Medien, wie ZDF heute, Tagesschau und Der Spiegel griffen das Thema auf.
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Politiker aller Couleur einschließlich hessischer CDU und FDP zeigen sich öffentlich überrascht von dem Ausmaß der Lärmbeeinträchtigung. So hat der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) im Dezember einen Lärmgipfel einberufen, um eine „deutliche Fluglärmreduzierung“ zu erreichen. Die Teilnehmer, neben Bouffier der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP), die Vorstandsvorsitzenden der Fraport AG und der Lufthansa AG, Stefan Schulte und Christoph Franz, der Geschäftsführer der Deutschen Flugsicherung GmbH, Dieter Kaden, und der Generalsekretär des Luftfahrt-Verbandes BARIG, Martin Gaebges, konnten jedoch keine konkreten Maßnahmen zur Lärmreduzierung in Aussicht stellen. Einen Maßnahmenkatalog will man nun im ersten Quartal 2012 vorstellen. Herr Bouffier hat derweil schon einmal festgestellt, dass eine Schließung der Bahn nicht in Frage komme.
Wir sollten deshalb von dem in Aussicht gestellten Maßnahmenkatalog keine „deutliche Fluglärmreduzierung“ erwarten und hoffnungsfroh abwarten, was die Politik und Luftfahrtbranche sich ausdenken. Die vertiefte Auseinandersetzung mit den derzeit diskutierten Maßnahmen zur Lärmreduzierung, insbesondere veränderte Flugrouten, Veränderung der Flughöhe und neue Anflugverfahren, zeigt leider deutlich, dass diese nicht geeignet sind, den Lärm für alle Betroffenen signifikant zu reduzieren. Vielmehr ist eine signifikante Reduzierung der Belastung für das Rhein-Main Gebiet und damit auch für Mainz nur durch eine strikte Begrenzung der Flugzahlen und die Schließung der neuen Landebahn Nord-West zu erreichen.
Lesen Sie hier die Präsentation unserer Arbeitsgruppe Technik / Physik zu den Effekten der einzelnen Maßnahmen für Mainz.
Politik und Luftfahrtunternehmen sind nun zwar gezwungen das Thema Fluglärm endlich ernst nehmen – man sollte aber nicht erwarten, dass diejenigen Politiker, die die Flughafenerweiterung in der Vergangenheit mitgetragen haben, die Lärmreduzierung aus Überzeugung und in aller Konsequenz vertreten werden. Es steht zu vermuten, dass hier bis zum März Placebos verabreicht werden, um Wählerstimmen zu retten. Von der Luftfahrtindustrie erwarten wir nun verstärkt Reaktionen, die darauf abzielen, die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafenausbaus für die Region deutlich zu machen. Auch zu diesem Thema wollen wir in Kürze eine Präsentation auf unsere Webseite stellen.